Kulturwelten von Naemi Reymann
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Jahresrückblick /85 Jahre Loriot /Kinofilme zur Einheit /Jahr der Mathematik Weltkulturerbe Zollverein /Jeudis de Nîmes /Manga Kids /Medienfassaden
/3D-Scankunst Karin Sander /Über den Blog »Reise durch Kulturwelten«

31. Dezember 2008
Das Kulturjahr 2008 – ein kleiner Rückblick
Das Jahr neigt sich dem Ende zu, ein Jahr mit vielen kulturellen Ereignissen...

Die 68er und ihre Erben
1968 wird in diesem Jahr besonders gedacht, das Jahr, als der gesellschaftliche, kulturelle und politische Wandel stattfand, der die Bundesrepublik bis heute entscheidend prägte. Es wird kontrovers diskutiert: Über Rudi Dutschke, schwarze Panther, Blumenkinder, RAF, Hair und Prager Frühling. Anfang Oktober kommt aus diesem Anlaß Uli Edels Film Der Baader Meinhof Komplex in die Kinos.

Paul Potts - Sänger der Herzen
Der Überraschungssänger des Jahres dürfte Paul Robert Potts sein, ein mitteloser walisischer Handyverkäufer, der bereits 2007 durch seine Auftritte in der englische Talentshow »Britain’s got talent« (dem britischen Pendant zu »Deutschland sucht den Superstar«) durch Operntitel wie »Nessun dorma« aus Puccinis Turandot auffiel. Durch den Werbespot der Deutschen Telekom wurde er auch in Deutschland bekannt. Seine Musik rührte viele zu Tränen oder war es die Geschichte dahinter (aus einfachen Verhältnissen in den Musikolymp zu kommen und den Traum seines Lebens zu ermöglichen). Inzwischen konnte Herr Potts gutlaufende Verträge abschließen, sang vor der Queen und auf Oli Kahns Abschied im Stadion und hat neue Zähne. Hoffentlich verkraftet er sein neues erfolgreiche Leben gut!

Mme Reza et M Blink Blink
Die französische Dramatikerin Yasmina Reza (bekannte Theaterwerke von ihr sind beispielsweise »Kunst«, »Drei mal Leben« und »Der Gott des Gemetzels«) beobachtet den jetzigen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ein Jahr lang während seines Wahlkampfs – in der Öffentlichkeit und privat. »Frühmorgens, abends oder nachts« ist eine Art Tagebuch über das Geltungsbedürfnis. Ich denke nur noch an die Textzeilen über Monsieur »Blink Blink« ;-) – aber auch sein umstrittene Rhetorik und sein Schauspieltalent.

Theater um das Theatro
Am 25. Mai feiert das Teatro Colón in Buenos Aires seinen 100. Geburtstag. Caruso, Callas, Caballé, Domingo, Pavarotti, Erich Kleiber, Richard Strauss, Toscanini oder Strawinsky – alle waren sie da. Bis heute ist es eine der fünf größten Opernbühnen und gehört zu den prunkvollsten Theatersälen der Welt. Immer war dieses Haus den politischen Wirren Argentiniens ausgesetzt, die Wiedereröffnung am Tag des 100. Geburtstages mit Daniel Barenboims Neuinszenierung von Wagners »Tristan und Isolde« scheiterte spektakulär. Eine Initiative versucht die Feierlichkeiten zu retten.

Viele Chinesen
Nein, hier geht es nicht um die Olympiade in China: In Kassel fand die documenta 12 statt, unter Leitung von Roger M. Buergel, sie stand unter unter drei Leitmotiven: Ist die Moderne unsere Antike?, Was ist das bloße Leben? und Was tun? Als einer der Künstler wirkte Ai Weiwei mit, der anlässlich der Kunstaktion 1.000 chinesische Landsleute nach Kassel einlud. Seine Installation »Template« aus Türen und Fenstern, die kurz nach Eröffnung durch einen Dauerregen zerstört wurde, sah aus wie ein Phönix aus der Asche und wurde auf Künstlerwunsch nicht wieder aufgebaut. Als ich da war, machte Ai Wei Wei gerade Fotos von einem Gerüst herab und sah sehr zufrieden aus!

Prominente Künstler
Damien Hirst, der im Jahr zuvor mit einem diamantbesetzten Totenschädel für Aufruhr sorgte, präsentierte dem Kunstmarkt in diesem Jahr »Das Goldene Kalb«, einen Jungbullen in Formaldehyd mit Hörnern und Hufen aus 18 karätigem Gold mit einer Goldscheibe auf dem Kopf dieser ging für 10,3 Millionen Britische Pfund brutto über den Tisch. Die Queen of Pop, Madonna, wird am 16. August 50 Jahre alt. Ebenfalls 50. wurden Michael Jackson (29. August) und Prince (7. Juni).

Raum für Kunst
Die Hamburger Kunsthalle zeigte eine große Mark Rothko-Retrospektive. Der Amerikaner zählt zu den bedeutendsten Vertretern des abstrakten Expressionismus, die Arbeiten waren zum ersten Mal seit 20 Jahren in diesem Umfang wieder in Deutschland zu sehen.

Nasse Kunstwerke
Olafur Eliassons The New York City Waterfalls in Manhattan ziehen die Besucher in Scharen an. »Feuchtgebiete« von Charlotte Roche avanciert zum Bestseller am Buchmarkt. Im Neuen Theater Theater in Halle wird es zudem als Theaterstück auch auf der Bühne zum Erfolg. In Halle fand auch in diesem Jahr das wichtigste internationale Theaterfestival Deutschlands Theater der Welt statt.

Diagnose Theater!
Christoph Schlingensief verarbeitet seine Lungekrebsdiagnose in dem Stück »Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir«, das in der Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg bei der Ruhrtriennale Premiere feiert. Für mich persönlich war eine der schönsten Stücke der Ruhrtriennale die Produktion »Salt«, die in Zusammenarbeit mit der britischen Theater-Company Theatre Rites unter Leitung von Sue Buckmaster entstand. Eigentlich ein Stück für Kinder kam es in der Salzfabrik der Kokerei Zollverein in Essen zur Aufführung und riss alle mit.

Die Vermessung für den Braunschweiger Weimar
Nach langem Streit um die Aufführungsrechte bekommt das Staatsheater Braunschweig den Zuschlag, Daniel Kehlmanns Roman »Die Vermessung der Welt« auf die Bühne zu bringen. In einer fiktiven Doppelbiografie treffen Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß, zwei ganz unterschiedliche Wissenschaftler, aufeinander. Offensichtlich scheint es ein neuer Trend zu werden, Besteller-Romane, auf die Bühne zu bringen (kam u.a. auch »Herr Lehmann« von Sven Regener noch dazu).

Weimar beschaulich? Nein!
In der Klassikerstadt Weimar herrscht Trubel: Der Generalintendanten des Deutschen Nationaltheaters (DNT), Stephan Märki, wurde abgesetzt. Märkis Vertrag soll nach dem Willen des DNT-Aufsichtsrates nicht verlängert werden und am 31. August 2010 auslaufen. Der Grund soll in Animositäten zwischen dem Oberbürgermeister von Weimar, Stefan Wolf und Stephan Märki liegen. Weimarer Bürger gehen auf die Straße, protestieren gegen die Absetzung und wird Märkis Vertrag wird über 2010 hinaus verlängert – zumindest bis 2015.

Oper auf dem Grünen Hügel
Weiter im Süden geht eine lange Suche zuende, ein Seifen-Opern-Streit der besonderen Art: Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier werden die Nachfolgen von Wolfgang Wagner (86) antreten, Nike Wagner ist aus dem Rennen, Gerard Mortier, der auch kurz mit ins Spiel kam, geht nicht nach New York, sondern nach Madrid als künstlerischer Leiter des Teatro Real. Auch aus Salzburg Neues: Jürgen Flimm geht 2010 nach Berlin an die Staatsoper.

Auszeichnungen
Das Deutsche Theater Berlin wird von der Zeitschrift »Theater heute« zum »Theater des Jahres« gekürt. Insgesamt 6 von 9 Auszeichnungen gehen an das Deutsche Theater: Jürgen Goschs Version »Onkel Wanja« von Anton Tschechow ist die »Inszenierung des Jahres« und zeigt auch die »Schauspieler des Jahres«: Constanze Becker zur Schauspielerin des Jahres (für ihre Darstellung der Jelena sowie für ihre Frau John in »Die Ratten«), Ulrich Matthes (als Wanja) und Jens Harzer (als Astrow) teilen sich den Titel »Schauspieler des Jahres«. Olaf Altmanns Bühnenbild für »Die Ratten« wurde zum »Bühnenbild des Jahres« gewählt. Niklas Kohrt (als Bruno Mechelke in »Die Ratten«) ist »Nachwuchsschauspieler des Jahres«.
Der deutsche Theaterpreis »Der Faust« wird in diesem Jahr in der Staatsoper Stuttgart in Anwesenheit des Bundespräsidenten Horst Köhler vergeben. Den Preis für das Lebenswerk erhielt in diesem Jahr der Dramatiker und Theaterleiter Volker Ludwig. Er gilt als Begründer des modernen Kinder- und Jugendtheaters.

Glückwünsche
Allroundtalent, Humorist, Zeichner Loriot wird am 12. November 85 Jahre alt.
Altbundeskanzler Helmut Heinrich Waldemar Schmidt, Mitherausgeber der Wochenzeitung »Die Zeit« wird am 23. Dezember 90 Jahre alt. Der Kunst- und Musikliebhaber, der auch als Pianist auftrat (von ihm stammen mehrere Schallplatten-Aufnahmen mit Stücken von Mozart und Bach) begründete als Bundesverteidigungsminister auch die Big Band der Bundeswehr.

Abschiede und Krisen
Die Perle vom Pott, die Schauspielerin Tana Schanzara stirbt am 19. Dezember. Unvergesslich als »Perle vom Pott« als singende Kolhenpott-Duse (»Vatta, aufsteeehnn«), als feste Darstellerin im Bochumer Schauspielhaus und in zahlreichen Filmen (u.a. »Die Abfahrer«, »Männerpension«). Krisenzeiten – im Kino: Heinrich Breloers Verfilmung der »Buddenbrocks« nach dem Roman von Thomas Mann startet zu Weihnachten in den Kinos. Mit Starbesetzung: Armin Müller-Stahl, Iris Berben, Jessica Schwarz, August Diehl und Mark Waschke.

Kulturhaupstädte
Die Kulturhauptstädte Europas 2008 waren Liverpool (United Kingdom) und Stavanger (Norwegen), 2009 sind es Linz (Österreich) und Vilnius (Wilna, Litauen).

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18. November 2008
Loriot – zum 85. Geburtstag
Wir haben ihm viel zu Verdanken: den Mops im Fernsehen, Ödipussi, das Jodeldiplom und Dr. Müller Lüdenscheid in der Badewanne...

Am 12. November wurde Loriot 85 Jahre alt. Geboren wurde er in Brandenburg an der Havel als Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow, kurz Vicco von Bülow. Besser bekannt als Loriot. Der Künstlername stammt von der französische Bezeichnung des Pirols, des Wappentiers der mecklenburgischen Familie von Bülow.

Vielen gilt der gelernte Werbegrafiker als einer der größten deutschen Komiker. Das Allroundtalent ist Zeichner, Schriftsteller, Bühnenbildner, Kostümbildner, Schauspieler, Regisseur und Professor für Theaterkunst. Nach einer bewegten Karriere und zahlreichen Auszeichnungen (z.B. dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland) und Medienpreisen hat er nun seine Zelte in Münsing am Starnberger See aufgeschlagen.

Als Hommage eine große Ausstellung
Zu seinem runden Geburtstag widmet ihm die Deutsche Kinemathek in Berlin derzeit eine große Sonderausstellung zu seinen Ehren. Vom 6. November 2008 bis 29. März 2009 erfährt man dort auf drei Stockwerken ganz viel über den »Pappa ante Portas«, der mit einer erstaunlichen Disziplin und Präzision den Menschen beobachtet und dargestellt hat – bis hin zum Tragikomischen.

Im Theater
Im Theater gibt es Loriot auch,er hat zahlreiche Bühnenwerke geschaffen, darunter Opern und auch Bühnenbilder und Texte, beispielsweise zum »Karneval der Tiere«. 2003 wurde er Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin für das Fach Theaterkünste. Anlässlich seines Geburtstags spielt nun das Schiller Theater in Berlin seine »Dramatischen Werke« auf. Eine Produktion der Komödie im Bayerischen Hof, München – im Programm unter anderem: Der sprechende Hund, der Lottogewinner, Mutters Klavier und die Herren im Bad...

Großer Wort(er)finder
Im großen Loriot-Lexikon der FAZ kann sich der Besucher bereits einstimmen. Von »Ach was!?« bis zu »Zipfelchen« (Siehe auch »Hoppenstedt«) ist einiges verzeichnet. Speziell die deutschen, unübersetzbaren Begrife wie z.B. Auslegeware oder Sitzgruppe, denen Loriot ein Denkmal setzt, finde ich nennenswert.

Die Steinlaus und ihr Blog
Selbst vor der Tierwelt machte Loriot nicht halt. 1976 erfand er für einen Sketch als Parodie über den damals beliebten Fernseh-Zoologen Bernhard Grzimek ein neues Tier, die gemeine Steinlaus (»Petrophaga loriot«).
Mit Folgen für die Wissenschaft: Das medizinische Wörterbuch Pschyrembel nahm 1982 einen fingierten Artikel in sein Standardwerk für Mediziner auf. Sage mal einer, die Wissenschaft hätte keinen Sinn für Humor! In der 257. Pschyrembel-Auflage wurde das Stichwort getilgt, da die Redaktion Befürchtungen hegte, den guten Ruf des Nachschlagewerks zu schädigen. Nach heftisten Leserprotesten wurde die Steinlaus aber in die darauf folgende Ausgabe in erweiterter Form wieder aufgenommen. Die Welt war wieder in Ordnung...

Gab es doch in dieser revidierten Fassung neueste Erkenntnisse welche das »possierliche Tierchen« in Verbindung mit dem Fall der Berliner Mauer brachten und kritische Töne, denn Steinläuse stellen als Sicht der Denkmalschützer auch eine Gefahr für Bauwerke dar ;-) sie soll einen Tagesbedarf von etwa 28 Kilogramm Beton und Ziegelsteinen haben, dazu gelegentlich auch Eisenträger.

Das laut Loriot weltweit kleinste Nagetier der Welt ist zwar winzig, besitzt sogar ein eigenes Weblog mit vielen Hintergrundinformationen in Wort, Bild – und Video. Das Weblog rief der Wissenschaftsverlag de Gruyter ins Leben, der auch Herausgeber des »Pschyrembel« ist. Der Weblog fordert die vielen, bisher verborgen forschenden Wissenschaftler auf, die Welt an ihren neuesten Ergebnissen teilhaben zu lassen. Jeder kann mitmachen und eigene Ergebnisse der Forschungen mitteilen. Die besten Beiträge werden in einem Wettbewerb durch eine Jury gekürt, in der auch Loriot sitzt.

Umfassendes Oeuvre
Wer ein Wiedersehen mit den Kosackenzipfeln und vor allem der unvergesslichen Evelyn Hamann haben möchte, dem seien die Sketche auf DVD empfohlen. Vor kurzem erschien die vollständige Fernseh-Edition auf den Silberlingen. Die offizielle Seite mit großem Werkverzeichnis, Interviews und netten E-Cards für jeden Anlass findet sich unter www.loriot.de Oder doch lieber ein Buch? Loriot soll folgendes gesagt haben: »Plötzliche Regenfälle können zum Betreten einer Buchhandlung zwingen...« oder doch lieber Zeitung? »Es heißt immer, die BZ ist die größte Zeitung Berlins. Ich habe das mal nachgemessen: Es sind 58 mal 40 Zentimeter. Platz für 80 Goldhamster – wenn sich die Tiere ruhig verhalten...«

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3. Oktober 2008
DDR, Mauerfall und die Deutsche Einheit – Kinofilme zum Thema
Heute am 3. Oktober wird durch den »Tag der deutschen Einheit« wieder an den Mauerfall am Donnerstag, dem 9. November 1989 erinnert.

Auch im Kino wurde dieses Thema auf verschiedene Art und Weise aufbereitet und erzählt. Hier ein paar dieser Filme, die zum Teil in diesen Tagen auch im Fernsehen ausgestrahlt werden bzw. längst auch als DVD zu sehen sind. Film ab für:

Good Bye Lenin!
Eine Tragikomödie aus dem Jahr 2002 unter der Regie von X-Filme-Regisseur Wolfgang Becker. Alex (Daniel Brühl) Mutter (Katrin Saß) fällt zur Zeit der Wende ins Koma und »verschläft« damit die Wende. Sie wacht wieder auf, und da ihr aufgrund des Herzinfarktrisikos jeglicher Stress erspart werden muss, lässt Alex für die überzeugte DDR-Aktivistin kurzerhand die DDR in der 79 Quadratmeter großen Wohnung wieder auferstehen. Gar nicht so einfach, selbst die täglichen Dinge des Alltags wieder zu beschaffen (Gurken) und das gesamte Umfeld dazu zu bringen, mitzumachen. Die Filmmusik stammt von Yann Tiersen, der bereits die »Die fabelhafte Welt der Amélie« musikalisch unterstützte. Ebenfalls sehenswert: Die liebenswürdige Flash-Seite zum Film inklusive Spiel.

Berlin is in Germany
Eine Isolation anderer Art und die plötzliche Konfrontation einer neuen Welt erfährt die Hauptfigur des Regiedebüts von Hannes Stöhr aus dem Jahr 2001.
Der ehemalige DDR-Bürger Martin Schulz (Jörg Schüttauf) wird 2000 aus der Haft entlassen. 11 Jahre lang hat er wegen Totschlags im Gefängnis verbracht, das wiedervereinigte Deutschland nur im Fernsehen kennen gelernt, sein altes Leben ist nicht mehr da: Seine Frau ist inzwischen mit einem anderen verheiratet, den gemeinsamen Sohn Rokko hat er nicht kennen lernen wollen und der Wiedereinstieg in den Beruf gestaltet sich aufgrund der Vorstrafe nicht so, wie er es gerne möchte. Mehr über den Film (u.a. einen Trailer) auf der Webseite des Regisseurs.

Berlin Babylon
Hubertus Siegert hat in diesem Film den radikalen Umbau der alten, neuen Hauptstadt dokumentiert. Namhafte Politiker und Architekten kommen zu Wort, aber auch Arbeitende aus den Baustellen: Bauleiter, Poliere, Bauarbeiter. Die Filmmusik zu Berlin Babylon stammt von den Einstürzenden Neubauten.

Sonnenallee
Unter der Regie des Theaterregisseurs Leander Haußmann entstand 1998/99 diese turbulente Komödie. Sie ist in den Nebenrollen prominent besetzt mit Detlev Buck, Katharina Thalbach, Henry Hübchen und zahlreichen Schauspielern aus dem damaligen Ensemble des Bochumer Schauspielhauses (Haußmann war dort zu der Zeit Intendant). Der 17jährige Michael Ehrenreich (Alexander Scheer) wollte immer ein Popstar werden, das Problem im Jahr 1973: Er kommt nicht in den goldenen Westen, auch wenn der nur einen Steinwurf entfernt von ihm liegt. Denn er wohnt an der kürzeren Seite der Sonnenallee, dessen längeres Ende in Westberlin liegt.

Das Leben der Anderen
Der Oscar-prämierte Film von Florian Henckel von Donnersmarck spielt in Ost-Berlin im Jahr 1984. Stasi-Spitzel Gerd Wiesler (Ulrich Mühe), alias (HGW XX/7) soll den DDR-Theaterschriftsteller Georg Dreyman (Sebastian Koch) und desse Freundin Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck) ausspionieren und gerät selbst in einen moralischen Konflikt. Durch das kulturelle Umfeld des Künstlerpaares, das er intensiv beobachten und dokumentieren muss, kommt er mit ihm bisher fremden Werten wie zum Beispiel freiem Reden in Berührung.

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14. September 2008
Alles was zählt – Mathe kann auch Spaß machen
Seit 2000 veranstaltet das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zusammen mit der der Initiative Wissenschaft im Dialog (WiD) die Wissenschaftsjahre. Das Motto für 2008 lautet »Alles, was zählt«. Es geht um Mathematik...

In diesem Jahr wird das Jahr der Mathematik ausgerichtet. So richtig bemerkt man das Jahresmotto noch nicht. Vielleicht liegt es daran, daß für manche Mathematik in der Schulzeit nicht unbedingt das Lieblingsfach war: Die Mathe-Freaks mag es unter-, die anderen überfordert haben, oft genug fehlte bei der Vermittlung auch der Praxisbezug und es stellten sich Sinnfragen, zu was die oftmals abstrakten Rechnereien eigentlich nützen sollten. Die Antworten gab es meist erst später im Alltagsleben. Immer wieder habe ich mich gefragt, ob Mathe auch Spaß machen kann. Um vielleicht doch mal in das Thema auf einem anderen Weg einzusteigen, hier ein paar Vorschläge

Mathematik zum Mitmachen – das mathematicum
In Gießen steht mit dem mathematicum, das erste Mitmachmuseum für Mathematik. An 120 Exponaten kann experimentiert werden, bei Bedarf helfen einem fachkundige Museumsführer bei den Knobeleien. Seit 2002 existiert das Museum nun in Gießen, zentral in der Nähe des Hauptbahnhofs gelegen und im Jahr lassen sich rund 150.00 Besucher auf das Experiment Mathematik ein. Ein Ausstellungsbereich, das mini-Mathematikum für Kinder, ist in diesem Jahr im Namen des Wissenschaftsjahrs auf Deutschlandtour.

Rechnen einst und heute – das Arithmeum
Auch in Bonn will ein Museum zeigen, daß Wissenschaft spannend und faszinierend sein kann, das Arithmeum. Die Sammlung zeigt nicht nur die 300-jährige Entwicklung von der ersten mechanischer Rechenmaschine bis hin zu kleinen Elektronikwundern von heute, präsentiert Rechensysteme aus vielen Jahrtausenden und der Besucher kann die Funktionsweise von Mikroprozessoren erforschen und selbst interaktiv Chips entwerfen.

Große Computerwelten in Paderborn
Wer nun auf den »Geschmack« in Sachen Mikroprozessoren gekommen ist, kann sich weiter auf den Weg nach Paderborn machen. Dort steht mit dem Heinz Nixdorf Museum (HNF), das größte Computermuseum der Welt. 5.000 Jahre Geschichte der Informations- und Kommunikationstechniken werden dort gezeigt.

Weltrekordhalter im Kopfrechnen
Die Deutsche Arbeitsschutzausstellung (DASA) in Dortmund beschäftigt sich mit den Themen rund um den Arbeitsschutz, anlässlich der 8. Dortmunder DEW21-Museumsnacht steht dort am 20. September Mathematik im Vordergrund: Der Mathematik-Botschafter der Bundesregierung und Weltrekordhalter im Kopfrechnen, Dr. Dr. Gerd Mittring ist zu Besuch und gibt Zahlenspiele und Rechenkünste zum Besten.

Neue Computerwelten: Demos – Mathe unerlässlich!
Im Bereich der Computerprogrammierung gibt es seit den 1980er Jahren in Europa eine Bewegung, die meiner Ansicht nach noch viel zu unbekannt ist: Die Demoszene. Die Demoszener erstellen mithilfe vonComputerprogrammen kurze Echtzeit-Animationen, die sogenannten »Demos«. Gearbeitet wird im Team: Programmierer, Grafiker und Musiker, jeder ist Spezialist aus seinem Bereich. Die hohe Schule in dieser Disziplin sind die »Intros«, Demos, die unter erschwerten Bedingungen gemacht werden: Oft dürfen sie nur 64 oder 4 Kilobyte groß sein! Inzwischen hat auch die Industrie schon ein Auge auf diese Entwickler geworfen. Längst gibt es Demos auf Spielekonsolen, Gameboys und Mobiltelefonen.

Ich würde es begrüßen, wenn mehr Demoszener einen Matheunterrricht durch eine Lehrstunde Demos bereichern könnten, es würden sicher mehr Schüler Interesse für das Fach Mathe zeigen... Mitglieder des gemeinnützigen Kölner Vereins Digitale Kulturen e.V. haben solche Präsentationen in Schulen bereits mit Erfolg durchgeführt.

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31. August 2008
Kohle und Kreatives – Weltkulturerbe Zollverein
Zollverein – der markante Doppelkopf-Förderturm wurde zum Wahrzeichen der Stadt Essen und Symbol für das Ruhrgebiet. Statt Kohle werden auf Zollverein nun Kunst, Kultur und Design gefördert...

Auffallend thront der Turm über einer Ansammlung von kubischen Zechenbauten, entworfen von den Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer. Die Fassaden sind schnörkellos, geometrisch gerastert, Stahlstreben, rote Ziegelsteine und Glas wechseln einander ab – die Einflüsse des Bauhauses sind unverkennbar. Seit ihrer Fertigstellung im Jahre 1932 gilt die Schachtanlage XII als schönste Zeche der Welt, Funktion und Bauästhetik stehen im Einklang. Der Industrielle Franz Haniel gründete die Zeche – und da der Name »Germania« bereits vergeben war, entschied er sich für Zollverein (benannt nach dem 1934 gegründeten »Deutschen Zollverein«), so erzählt man sich.

Maloche bis zur letzten Schicht – und neue Energien
Drei Jahrzehnte später entstand in der Nähe die benachbarte Kokerei Zollverein. In Spitzenzeiten arbeiteten bis zu 8.000 Menschen auf Zollverein. Am 23. Dezember 1986 wurde die letzte Schicht gefahren und alle verbliebenen Förderanlagen Zollverein stillgelegt. Noch bis 1993 wurde die Kokerei betrieben, die Kokerei war sehr ertragreich, täglich wurden bis zu 10000 Tonnen Kohle in Koks verwandelt. Was jetzt immer noch läuft (und laufen muß) sind die Wasserpumpen von Schacht 2 und 12; mit dem erwärmten, hochgepumpten Wasser werden heute teilweise Gebäude beheizt. Der ganzen Anlage stand der Abriss bevor, glücklicherweise kaufte das Land NRW der RAG, damals Ruhrkohle, das komplette Gelände ab, und stellet es unter Denkmalschutz.

In der Kokerei Zollverein fand einer der großen Höhepunkte im Rahmen der Abschlusspräsentationen der Internationalen Bauausstellung (IBA) unter Karl Ganser statt: Die Ausstellung »Sonne, Mond und Sterne– Kultur und Natur der Energie«. Viele Erinnerungen an besondere Ausstellungsräume (die so in der Form nicht noch einmal zur Präsentation kommen), ein schöner Katalog und ein Sonnenrad (eine Art Riesenrad ohne Nabe) sind heute von der tollen Ausstellung übrig geblieben, ebenso die große Solaranlage auf dem langen Kokereidach (man konnte dort »Watt kaufen«).

Denkmal und Arbeitsplatz für Kreativwirtschaft
Am 31. August 2002 wurden Zeche und Kokerei in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen und erhielten die begehrten Plaketten. Es entstanden künstlerische und kreative Bereiche wie beispielsweise der Museumspfad »Weg der Kohle«, das Designzentrum Nordrhein Westfalen verlagerte seinen Standort in das von Sir Norman Foster umgebaute Kesselhaus, in den Gebäuden von Schacht 1/2/8 befindet sich das choreographische Zentrum PACT. In Schacht 3/7/10 ist die Phänomania, das Erfahrungsfeld der Sinne nach Hugo Kükelhaus zu erleben. In der ehemaligen Kokerei finden Ausstellungen statt, dauerhaft die begehbare Rauminstallation Palast der Projekte von Ilya & Emilia Kabakov. Im Winter kann man an der Längsseite der Kokerei auf einer 110 Meter langen Kunsteinsbahn Schlittschuh laufen, im Sommer in das kleine Werksschimmbad (einer Skulptur der Künstler Dirk Paschke und Daniel Milohnic) Erfrischung suchen oder im Kokerei Café oder im Kasino etwas essen. In weiteren Gebäuden auf Zollverein arbeiten Künstler, Designer und andere aus dem Umfeld der Kreativwirtschaft.

Auffallende Architektur
Auf dem Gelände entstand 2006 ein großer Kubus mit zahlreichen Fenstern nach den Entwürfen des japanischen Architekturbüros SANAA fertig gestellt. Die Zollverein School of Management and Design bezog die auffallenden Räume. Der niederländische Architekt Rem Koolhaas entwickelte den Masterplan für die Kohlenwäsche: Im Sommer desselben Jahres wurde der umfangreiche Umbau derselbigen erfogreich abgeschlossen (nach einem Entwurf von Floris Alkemade/OMA und Böll Architekten). Auf einer 24 Meter hohen orangefarbenen Rolltreppe kann der Besucher direkt in das Besucherzentrum der Zeche fahren.

Von der hochgelegenen Terasse aus gibt es einen grandiosen Blick über das Zechengelände. Erste Einblicke in die neuen Räume der ehemaligen Kohlenwäsche gab es bereits auf der hundert Tage währenden Designausstellung »Entry« und bei einzelnen Veranstaltungen (im Herbst letzten Jahres schlossen sich zum Beispiel die Designverbände an diesem Ort zusammen). Ab dem 20. Oktober wird das neue Ruhrmuseum mit der spektakulären Sonderausstellung »Gold vor Schwarz. Der Essener Domschatz auf Zollverein« eröffnen.

Seit sechs Jahren Weltkulturerbe...
Heute, am 31. August 2008 feiert Zollverein von 10.00 bis 18.00 Uhr seinen »Welterbe-Geburtstag« mit zahlreichen Veranstaltungen und Besichtigungen (auch Baustellenführungen). Die Veranstaltungen sind in den Hallen 6, 8, 14, 24 und 35, der Eintritt ist frei. Im Rahmen der RuhrTriennale finden bis zum 3. Oktober diverse Aufführungen statt und am 27. und 28. September lädt das große Zechenfest zum Besuch ein.

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10. August 2008
Sommernachtstraum auf Französisch – die Jeudis de Nîmes
Jeden Donnerstagabend im Juli und August ist die südfranzösische Stadt Nîmes wie verzaubert: Es sind die Abende der »Jeudis de Nîmes« – seit 15 Jahren!

Parkt man auf den »Allées Jean-Jaurès« vor der Innenstadt, ahnt man noch nichts von dem besonderen Abend, der einen erwartet. Hat man noch Zeit sollte man einen kleinen Umweg einlegen und durch das vergoldete Tor mit dem Krokodil und der Palme (dem Wappentier der Stadt) schreiten und durch den wunderbaren Barockpark »Jardin de la Fontaine« flanieren. Die Abendsonne senkt sich bereits, die weißgewaschenen Statuen leuchten immer noch unnatürlich hell, man blickt vorbei an Ballustradenreihen hoch auf den Hügel, der sich am Ende des Parks erhebt. Oben, am höchsten Punkt der Stadt steht der »Tour de Magne« noch im vollen Abendlicht. Höchste Zeit, in die Innenstadt zu gehen!

Kunst- und Römertempel
Am »Maison Carré«, dem römischen Tempel ist wie immer Markt, kleine Stände unter quadratischen Leinenschirmen bieten Schmuck, Kunsthandwerk, Bilder, Skulpturen, Mode und kleine Spezereien an. Diesmal sind die Seiten des Tempels von Baugerüsten und Schutzfolien eingehüllt. Die fertig restaurierte Rückseite erstrahlt in fast grellem Weiß. Auf der Dachterrasse des gegenüberliegenden Gebäudes, Norman Fosters »Carré d'Art« genießen Gäste in der Bar »Le Ciel de Nîmes« Loungemusik, Getränke und die Aussicht über die schönen alten Häuser. Nebenan ertönt Salsamusik, vor einer Bar wird getanzt. Die Musik mischt sich mit der kubanischen Musik vor dem Tempel. Ein Café reiht sich an das andere, Menschen strömen durch die Gassen. Vorbei am Theatervorplatz, Rockmusik in diversen Coverversionen reißt die Menschen mit. Weiter geht es in eine Seitengasse, fast unmerklich verschwinden die Stadtflaneure in dem Durchgang eines alten Hauses – in einen Innenhof. Es erklingt Gesang, Gitarrenmusik, das Klatschen von Händen und sehr markantes Stampfen auf Holzboden: Im »Hôtel Boudon« wird Flamenco getanzt, und zwar der von der strengen, unerbittlichen Sorte – keine bunte Folkore, in Nîmes meint man es ernst. Nach einigen Liedern geht es wieder zurück in die Straßen.

Lichterspiele in der Stadt
Der Marmorboden glänzt honigfarben, die Lampen spiegeln sich leicht wieder, es wird dunkler. Am Uhrenturm wird Jazz gespielt, abwechselnd wechselt der Turm seine Außenbeleuchtung: Grün, gelb, rot, violett. Nur der Abendhimmel behält sein edles dunkelblau. Mehr Aufmerksamkeit gilt jetzt dem Brunnen: Zwischen ein paar ebenerdigen Steinplatten sind eine handvoll Wasserdüsen angebracht, Wasserfontänen schießen abwechselnd in die Höhe – zum Spaß der Kinder und zum Erschrecken kleiner und großer Hunde. Weiter geht es zum »Places des Herbes«, auf dem wie immer „brocante“ angesagt ist: Trödelkleinkram, DVDs, Parfümminiaturen und Comichefte – Frankreich und »B.D.«, eine besondere Liaison. Mal sehen, ob ich hier endlich die »Schwarzen Gedanken« von Franquin finde... Bei der alten Kirche faszinieren die alten Wasserspeier am Turm, die heutigen »kleinen Drachen« sind die Geckos, die an den Hauswänden unterhalb der an den Häusern befestigten Straßenlampen kleben und nach Motten und anderen Insekten schnappen. Ein Balanceakt der besonderen Art, senkrecht an der Wand kleben und dabei noch jagen!

Wo ist der Tango?
Auf dem kleinen Platz bei der Post, dem »Place Bellecroix« gibt es diesmal Musik in Richtung Salsa, im letzten Jahr war hier eine leicht tragisch aussehende junge Diseuse, die Musette und etwas Richtung Tango brachte. Zurück zur Kirche »St. Castor«.
Die Antwort erhalte ich kurz hinter der Kirche in der Nähe des Museums über das alte Nîmes, eine noch relativ neu angelegte Brunnenanlage, bei der man auf leichten Rampen zum einem tiefer gelegen Platz gelangt, zwischen rauschenden Wasserfällen des Brunnens. Der »Place du chapitre« ist besonders geschmückt und bietet einen bezaubernden Anblick: Über den gesamten Platz sind Leinen gespannt, an diesen hängen leichte, blau-weiß gestreifte Rollos, die sich leicht im Wind bewegen. Auf dem Platz tanzen die verschiedensten Paare Tango, das Publikum sitzt am Platz auf Liegestühlen oder den verschiedenen Stufen des Kaskaden-Brunnens, oder bequemer oben links im loungigen Café. Unten tönen die Musik und das Rauschen des Wassers über den Platz kreisen laut kreischend die Mauersegler, wie entfesselt. Es erscheint mir, als wäre der gesamte Platz dieser Milonga ein riesiges Karussell.

Die Arenen
Es geht weiter. In den Arenen von Nîmes findet heute abend kein Konzert statt. In diesem Sommre sind es z.B. Vanessa Paradis und Mika. Noch gerne erinnere ich mich an »Texas«, die vor zwei Jahren die riesige alte Römerarena zum Toben brachten. Diesmal nutzen Römerfans die großartigen Torbögen für ihre Darstellung von Gladiatorenkämpfen. Ein paar Familien mit Kindern kommen vorbei, die Kinde tragen stolz phantasiervolle Kopfbedeckungen aus Papier tragen. Auf dem Platz hinter der Arena ist wie immer die kreative Zone für Kinder, dazu gehören auch die tollen Papierhüte aus Krepp-Papier. Die Kinder sind aufgekratzt, aber auch schon leicht müde angesichts der vielen Eindrücke. Mir geht es nicht anders. Ein schöner Abend neigt sich dem Ende und das Tolle ist, der Zauber der »Jeudis de Nîmes« hält immer noch an!

Webseite der Stadt Nîmes www.nimes.fr

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8. Juli 2008
Manga Mania – Kids im Comicfieber und der Asia-Boom
Samstags ist die Stadt besonders voll, an sich nichts besonderes. Viele gehen Shoppen und Flanieren. Auch manchmal verkleidet, dafür braucht es keinen Karneval und keine Junggesellenabschiede. Allerdings sind es jeden Samstag in Düsseldorf Heerscharen von besonders verkleideten Kids, die Richtung japanisches Viertel ziehen...

So aussehen, wie die Helden aus dem Heft und Spaß haben, sich zu zeigen, das scheint das Ziel der zum Teil echt aufwändigen Verkleidungen zu sein: Stirnbänder mit roten Punkt, Kimonos und Umhänge, lange Stäbe, bunte Perrücken (beliebt sind Pink und Weiß bei den Mädels), Flügel und Spitzohren – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. In diesem Aufzug treffen sich die Jugendlichen am Düsseldorfer Hauptbahnhof, beäugt von erstaunt guckenden Reisenden. Sie sammeln sich und ziehen dann Richtung Immermannstraße, in der das japanische Geschäftsviertel in Düsseldorf liegt. Die Stadt am Rhein hat zwar den Rang als größte Community von Japanern ausserhalb Japans schon seit einigen Jahren an London abgetreten, das Manga-Fieber steigt allerdings kontinuierlich. Bevorzugtes Ziel der Ausflüge der Kids ist neben Sushi-Läden und Supermärkten unter anderem die japanische Buchhandlung Nippon.

Wachsender Markt: Mangas und asiatische Zeichner
Die Mangaszene verzeichnet große Zuwächse, meist sind es die 8 bis 25jährigen, die Mangas lesen. Inszwischen erscheinen die ersten Hefte in deutschland für Kinder. Auf Portalen wie beispielsweise animexx tauschen Fans Tipps für Kostüme und Zeichnungen aus, Mangakas (Manga-Zeichner) werden präsentiert. Große Messen wie beispielsweise die Animagic geht 2008 bereits in ihr zehntes Jahr, der internationale Comic Salon Erlangen(das wichtigste Festival seiner Art im deutschsprachigen Raum) hatte Chinas Comic-Szene als Schwerpunkt.
Auf der Buchmesse Leipzig gab es als besonderes Highlight sogar einen Mangatag mit einer Modenschau, dem »Cosplay« einem Schaulaufen, bei dem es um Kostüme und Rollenspielr ging. Inzwischen gibt es auf CD die ersten deutschen Comic-Hörspiele (von der Mangaka Judith Park). Frankreich und China schlossen unlängst Verträge für Verlage im Wert von 11 Millionen Euro abgeschlossen. Unter den zehn besten 2007 in Deutschland veröffentlichten Comics stammen drei von dem Japaner Jiro Taniguchi, sein Comic »Vertraute Fremde«, in dem es viel um den japanischen Alltag der 1960er Jahre geht, wurde mit den Titel »Comic des Jahres« prämiert.

Frühe Manga-Prägungen: Wicki, Biene Maja und Co
Wenn man nun bedenkt, daß schon einige Generationen schon früh mit Manga-Einflüssen aufwuchs... Ich erinnere mich spontan an die tellergroßen Augen der Heidi aus der Zeichentrickserie, die »Biene Maja« und »Wicki und die starken Männer«. Wem nach noch mehr Anime zumute ist, Filmhelden wie die Biene Maja und Co wiedersehen möchte oder sich für das Werk des des »Manga-Gotts« Tezuka Osamus interessiert, dem empfehle ich bis zum 17. August im deutschen Filmmuseum Frankfurt: Anime! High Art – Pop Culture.

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17. Juni 2008
Medienfassaden – des Hauses neue Kleider
Unbemerkt jenseits des Fußball-EM-Fiebers wurde im spanischen Zaragossa am vergangenen Wochenende die Expo 2008 eröffnet.

Die nordspanische Weltausstellung 2008 widmet sich bis zum 14. September 2008 dem Thema »Wasser und nachhaltige Entwicklung«. Die Anlage besteht unter aus vielen bohnenförmigen Pavillons mit Schattendächern, arrangiert um Wasserläufe. Angesichts der eher introvertierten Ausstellungsgebäude galt es, die Außenhüllen offener zu gestalte. An zentraler Stelle befindet sich der Sub-Sahara Pavillon über die Regionen südlich der Sahara. Dieser präsentiert innen die Nationalstaaten Afrikas und außen Eindrücke aus Afrika durch eine neue Generation von Medienfassaden. Das Faszinierende ist, dass die Technik dahinter relativ einfach ist. Atelier Brückner aus Stuttgart gestaltete mit dem Medienspezialisten Marc Tamschick eine besondere Bespielung, die tagsüber wie auch nachts funktioniert. Pate für diese Neu-Entwicklung mit den Plättchen ist der Künstler Ned Kahn, der schon lange mit Naturelementen experimentiert (beispielsweise das »wind veil« die Fassade des Technoramas in Winterthur, Schweiz.)

Bedruckte und dynamische Ebene

Die sieben Meter hohen Wände des Ausstellungspavillons sind mit zwölf mal zwölf Zentimeter großen, mit Motiven bedruckten, leicht spiegelnden Plättchen versehen. Diese sind so angebracht, dass der Wind diese Plättchen in Bewegung versetzen kann. Die Spiegelungen zeigen die Umwelt, die Wasserfläche vor dem Pavillon oder auch Menschen als grobe Schemen. Der Betrachter soll sich nach den Vorstellungen der Macher an wogendes Wasser erinnert fühlen. Aus der Ferne erscheinen afrikanische Motive, Landschaften und Tiere, beim Näher treten erkennt der Besucher Daten und Informationen zum Thema Wasser in den Sub-Sahara-Gebieten.

LED-Ebene
Abends (aber auch schon in schattigeren Zonen des Pavillons) tritt neben der bedruckten und der dynamischen noch eine dritte Ebene in Aktion:
Die Medienfassade wird zur Filmfläche, denn die Plättchen werden von hinten durch LED-Leuchten durchleuchtet: Es werden Filmsequenzen zu besonderen Klimaereignissen wie Gewitter, Wirbelstürme und Monsunregen projiziert. Dazu der Wasserkreislauf als Loop – als wiederkehrendes Thema – die Metamorphose des Wassers vom Rinnsal zum reißenden Strom bis zur Entstehung von Vegetation, begleitet von Filmaufnahmen aus Afrika, traditionellen Mustern, die aus den dreizehn präsentierten Ländern stammen.

Obwohl die Plättchen mit ihrer Größe ein recht grobes Raster ergeben scheint der Filmeffekt aus der Nähe gut zu funktionieren ¬ zum Teil gedoppelt durch die Spiegelungen in der Wasserfläche davor. Einen kleinen Eindruck von der Bespielung mit Zebras und den afrikanischen Mustern erhält man bei Youtube.

Next Generation LED – das neue BMW-Museum
Eine wesentlich höhere Auflösung bei Medienfassaden entsteht derzeit im BMW-Museum in München, das in absehbarer Zeit eröffnet wird. Ebenfalls Atelier Brückner sorgte für die Umsetzung und Szenographie – zusammen mit Art + Com aus Berlin – und für den neuen medialen Schwerpunkt des Firmen-museums.
In der Ausstellung bewegen sich die Besucher auf einem Rampensystem bis zur »BMW-Schüssel« wie der markante Rundbau des Architekten Karl Schwanzer genannt wird. In der Schüssel endet die Besichtigungs-Tour mit einem Höhepunkt: Eine 360 Grad Rundprojektion. Der Besucher wird also durch diese Rampen durch das Gebäude zu großen weißen Ausstellungskuben geleitet. Die Außenflächen dieser Kuben sind hinterleuchtet. Der zentrale Raum (der Central Space) ist 13 Meter hoch und sämtliche Fassaden sind dicht mit LEDs besetzt, auf einer Fläche von insgesamt 600 Quadratmetern.
Diese mit einer speziellen Diffusorschicht versehenen Screens zeigen im schwarz-weiß Modus Filmsequenzen aus der Automobilgeschichte. An bestimmten Stellen löst der Besucher diese Filme aus. Hin und wieder gelangt er angesichts so viel Filmeinstimmung auch zu einigen Ausstellungsstücken wie z.B. Automobilen und kann sich der Aura des Originals erfreuen...

Zukunft der Mediatektur
Die nächsten Entwicklungsstufen auch im Bereich der Medienfassaden dürften nur eine Frage der Zeit sein. Spätestens, wenn die Weihnachtsleuchten der nächsten Saison besonders extrovertierte LED-Formen annehmen, ist das Thema auch beim letzten Endverbraucher angekommen. Wer erinnert sich nicht an den Hype, als plötzlich Netze aus blauen LED-Leuchten auftauchten? Wie wäre das wohl, wenn sich die Wände von Ausstellungs- und Messerräumen durch den Besucher verformen lassen (sich ausdehnen oder reduzieren), oder sich nach Stimmungen und Vorstellungen zum Beispiel farbig anpassen lassen?

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1. Juni 2008
Vermessene Kunst – oder wie man zur Stifterfigur wird
GPS-Technologien, RFID-Tags und Überwachungskameras haben inzwischen den privaten und öffentlichen Raum erobert – aber auch die Kunst...

Davon kann man sich beispielsweise in der Ausstellung »Waves« des hartware medienkunstvereins auf Phoenix in Dortmund überzeugen. Sogar im Raum digital vermessen und im Maßstab 1:6 modellieren lassen ist möglich. Als dreidimensionale Kopie nimmt man dann im Lehmbruck-Museum in Duisburg an einem Kunstwerk teil, das zur Zeit im Rahmen der Ausstellung Digitale Raumkunst entsteht. Ich habe mitgemacht! Seit letztem Sonntag bin ich auf dem Weg zur Stifterfigur – im wörtlichen Sinne. Das Ganze ist Teil eines Konzeptes der Künstlerin Karin Sander. Seit langem beschäftigt sich die Schweizer Künstlerin, die in Zürich lehrt und in Berlin lebt, mit den Themen Vermessung und Kunst, dem Spannungsfeld von technischer Objektivität und künstlerischer Subjektivität. Beispielsweise der Quelltext im Raum, der die Koordinaten des Ausstellungsraums als Text an einer der Wände zeigt. Oder die Idee mit den plastischen 3-D Scans von Personen. Sie fand dieses Verfahren in der Industrie, es dient zur Herstellung von hoch präzisen Werkzeugen und Maschinenteilen. Sie überzeugte eine Firma, dieses Verfahren in den Dienst der Kunst zu stellen und setzte die 3-D Scans bereits in Stuttgart und Santiago de Compostela um.

Wie wird man Stifterfigur in Duisburg?
Für »1:6«, benannt nach dem Maßstab, begibt man sich in Karin Sanders Laboratorium im Lehmbruck Museum: Man steht in einer Art Kabine, nimmt eine beliebige Pose eigener Wahl ein – anders als sonst, wenn der Künstler einem als Modell vorgibt, wie man sich hinzustellen hat. Es fiepst wie bei der Kontrolle im Flughafen, ein 3-D-Weißlichtscanner liest Figur, Haltung, Farbigkeit und Textur ein. Eine Station weiter sieht man bei Elke Spohn – die mit Karin Sander zusammenarbeitet – bereits wie sich das Bild der eingescannten Figur auf dem Computermonitor langsam aufbaut. Hier und da fehlen noch ein paar Pixel, diese schwarzen Pixelfelder werden noch ergänzt, ansonsten wird nichts retuschiert oder gar verändert. Die Farb- und Formdaten des Scans gehen dann als gerechnete STL-Daten zu einem 3-D-Farbstrahldrucker. Dieser baut dann die dreidimensionale Figur farbig in einem Gipsbett auf. So ähnlich wie bei einem dreidimensionalen Foto.

Im Laufe der Ausstellung soll durch dieses Verfahren eine Figurengruppe von einmaligen 3-D-Gipsfiguren entstehen. Denn jede Figur soll es laut Künstlerin nur einmal geben. Die Figurengruppe wächst bis zum Ende der Ausstellung und geht dann in die Sammlung des Museums über. Ab dem Zeitpunkt werde ich dann zum Stifter meiner Figur. Ich bin schon neugierig, wann und wo ich mich im Museum wieder finden werde...

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im Jahre 2008
Über den Blog »Reise durch Kulturwelten«
Naemi ist Designerin und wandert auf den vielen Wegen der Kultur. In ihrem Blog lädt sie ein mit auf die Reise in diese Welten. Es gibt ungewöhnliches zu entdecken:

Das starke Interesse an Kultur ist bei mir seit langem ausgeprägt. Liegt es daran, da ich als Kleinkind eine Installation von Picasso umgebaut habe? Seitdem ist ein südfranzösisches Museum besser gesichert und ich auf dieser spannenden Reise.

Carpe diem noctemque!

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